Der Gemeinderat Baden-Baden hat den Projektbeschluss, in der Gemeinschaftskläranlage Baden-Baden/Sinzheim eine vierte Reinigungsstufe zu installieren, einstimmig gebilligt. Je nach Verfahren liegen die Kosten bei rund zehn oder 20 Millionen Euro, wie aus der Beschlussvorlage hervorgeht.

Hormone und Arzneimittelrückstände gelangen in natürliche Gewässer

Mit der geplanten Investition verfolgt der Eigenbetrieb Umwelttechnik das Ziel, Spurenstoffe wie Arzneimittelrückstände, Hormone, Korrosionsschutzmittel oder PFC verstärkt aus dem Abwasser zu entfernen. Nach Angaben des städtischen Tochter-Unternehmens sind die heutigen Kläranlagen dazu kaum in der Lage. Die Folge: Die Spurenstoffe gelangen über die Kläranlage in die natürlichen Gewässer.

Lebewesen verweiblichen zunehmend

Die Auswirkungen dieser Belastung werden immer dramatischer. Im Oos-Sandbachkanal, der als Vorfluter dient, gibt es nach Auskunft des Eigenbetriebs immer weniger männliche Lebewesen, weil die Hormone eine starke Verweiblichung bewirken. „Deshalb ist es geboten, die Spurenstoffe baldmöglichst weitgehend zu entfernen, um eine Verbesserung der Gewässerflora und -fauna zu erzielen“, heißt es weiter in der Beschlussvorlage.

Eigenbetrieb Umwelttechnik setzt auf den Einsatz von Pflanzenkohle

Die derzeit gängige Praxis, das Wasser von Spurenstoffe zu reinigen, ist der Einsatz von Aktivkohle. Die Gemeinschaftskläranlage Baden-Baden/Sinzheim könnte statt der normalen Standard-Aktivkohle eine selbst produzierte und aktivierte Pflanzenkohle verwenden. Der Eigenbetrieb Umwelttechnik hat bereits die Zusage erhalten, dass die EU die Installation einer Verkohlungsanlage mit 60 Prozent fördert.

Die Innovation kostet nur halb so viel wie die Standard-Lösung

Bei der Standard-Lösung sind große Absetzbecken für den Reinigungsprozess erforderlich. Der von der Stadt favorisierte neue Ansatz hingegen erlaubt es, die Aktivkohle direkt in den Abwasserstrom der Kläranlage zu geben, so dass die aufwendigen und teuren Absetzbecken entfallen. Der Eigenbetrieb Umwelttechnik beziffert die Kosten für die bisherige Standard-Lösung auf etwa 20 Millionen Euro, die neuartige Simultanlösung schlägt mit zehn Millionen zu Buche. Das Land bezuschusst die Investition mit 20 Prozent, bei der innovativen Technologie mit der Pflanzenkohle beträgt die Förderung 40 Prozent.

Die vierte Reinigungsstufe hat mehrere Vorteile

Die vierte Reinigungsstufe hat dem Eigenbetrieb Umwelttechnik zufolge weitere Vorteile: Mineralische Abfälle auf der Deponie Tiefloch sind künftig nur noch zulässig, wenn das dort gefasste Sickerwasser in eine Kläranlage mit der vierten Reinigungsstufe fließt. Zudem ist es mit dieser Technik nicht mehr notwendig, das belastete Sickerwasser, das innerhalb der Dichtwand an der früheren Deponie in der Balger Straße entsteht, vor der Einleitung in das Kanalnetz zu behandeln.

 

Quelle: https://bnn.de